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Mühlen im Gottleubatal und die Walkmühle Pirna

Entlang der vom Kamm des Osterzgebirges zur Elbe fließenden Gottleuba bestanden seit dem Mittelalter zahlreiche Wassermühlen. Sie dienten v. a. der Verarbeitung von Getreide, Pflanzenölen oder Holz. Hinzu kamen im Umfeld des Bergbauortes Berggießhübel Hammerwerke und Eisenhütten. Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Wasserkraft des Flusses zudem durch Papierfabriken und Steinsägewerke (Sandsteinverarbeitung) genutzt. Insgesamt gab es an der Gottleuba zwischen dem böhmischen Schönwald (Krásný Les) und Pirna über 40 Mühlen, Hammerwerke und Papierfabriken. Einzelne Standorte bestanden nur wenige Jahre, anderer hingegen über Jahrhunderte hinweg. Im Zuge der industriellen Entwicklung setzte die Nutzungsaufgabe der meisten Standorte ein. Einzelne Mühlen wurden auch durch die Hochwasser der Gottleuba zerstört, so dass ihre Spuren völlig verloren gegangen sind. Eindrucksvollstes Zeugnis der Mühlentradition im Gottleubatal ist die Bährmühle Bad Gottleuba. An dem schon seit mind. 1486 bestehenden  Standort blieb bis heute die historische Technik der Mahl- und Sägemühle erhalten und kann bei Führungen besichtigt werden.

Unmittelbar südlich des Rast- und Informationspunktes befand sich bis 2008 die Walkmühle Pirna. Sie wurde 1423 als »Obirmole« erwähnt und war eine der ältesten Mühlen im Stadtgebiet. Die Mühle gehörte den Pirnaer Tuchmachern. In ihr wurden Wollstoffe zu einem zusammenhängenden Körper verfilzt, so dass eine glatte und leicht wasserabweisende Oberfläche entstand, die heute
als Loden bezeichnet wird. Neben der Stoffverarbeitung bestand hier auch eine Mahlmühle. Die verarmten Tuchmacher trennten sich 1775 von dem Anwesen. Die Mühle erlebte daraufhin mehrere Besitzerwechsel. 1887 erwarb die Stadt Pirna das Anwesen als Unterkunft für Teile der Soldaten des 2. Feldartillerie-Regiment Nr. 28. Das Regiment war unter teils katastrophalen Zuständen mit über 900 Soldaten und über 500 Dienstpferden in verschiedenen Quartieren im Stadtgebiet untergebracht. Der Kauf der Walkmühle ermöglichte der Stadt Pirna bis 1889 den Bau eines ersten geschlossenen Kasernenkomplexes (»Graue Kaserne«) auf den zur Mühle gehörenden Feldern. Die Walkmühle wurde bis Ende der
1930er Jahre noch als Textil- und später Möbelfabrik genutzt. Dann erfolgte der Umbau zum Wohnhaus. Nach einem Brand wurden die Gebäude 2008 abgebrochen. Auf der Rückbaufläche entstand 2011 der Neubau einer Kindertagesstätte.

Im heutigen Stadtgebiet von Pirna wurde die Wasserkraft der Gottleuba mindestens an folgenden Standorten genutzt:

  • Brettschneidemühle Neundorf (Alt-Neundorf 58, 1785 – 1957), beim Hochwasser 1957 zerstört,  heute gewerbliche Nutzung
  • Neundorfer Mühle (Alt-Neundorf 23, 1575 – um 1927), 2007 abgebrochen und durch Wohnhaus ersetzt
  • Stegmühle (südlich Alt-Rottwerndorf 62 b, 1622 – 1897), beim Hochwasser 1897 zerstört
  • Schlossmühle Rottwerndorf (Alt-Rottwerndorf 28, 1721 – 1957), Mühlenbetrieb nach dem Hochwasser 1957 aufgegeben, Gebäude nach Verfall 2013 abgebrochen
  • Kleine Mühle I Rottwerndorf (Alt-Rottwerndorf 4, seit mind. 1721), ursprünglich Mahlmühle, seit 1898 Steinsäge, heute Betriebsgelände der Sächsischen Sandsteinwerke GmbH, Mühlengebäude 2002 abgebrochen
  • Kleine Mühle II Rottwerndorf (Alt-Rottwerndorf 2, 1721 – 1936), ursprünglich Schneidemühle der Kleinen Mühle I, beim Hochwasser 1927 beschädigt, um 1935 abgebrochen und durch Wohnhaus ersetzt
  • Walkmühle Pirna (Walkmühlenweg 5, 1423 – um 1935), Gebäude 2008 abgebrochen und durch Kindergarten ersetzt
  • Kohlmühle Pirna (Mühlenstraße 3, 1412 – 1985), Gebäude seit 1990 leerstehend, laufende Sanierungsarbeiten zur Wohnnutzung
  • Stadtschreibermühle Pirna (Clara-Zetkin-Straße 10, 1392 – um 1900), nach Einstellung des Mahlbetriebes u. a. als Eisfabrik und später als Wohnhaus genutzt
  • Brettmühle Pirna (Maxim-Gorki-Straße 4, 1442 – 1897), Mühlengebäude für den Neubau der Möbel- und  Fensterfabrik Friedrich Hengst 1897/98 weitgehend abgebrochen, Fabrik 2020 zu Wohnzwecken umgebaut
  • Niedermühle Pirna (Bahnhofstraße 14 a, 1452 – um 1870), Mühlenbetrieb um 1870 eingestellt, Areal  durch den Bau des neuen Bahnhofs 1874/75 überbaut, heute Teil des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB)